Vorab: Es gibt keine Idealform des Laufens! 

Eine für alle einheitliche Technik würde der Individualität der Läufer und den unterschiedlichen Laufbedingungen nicht gerecht werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Lauftechnik ganz außer Acht gelassen werden soll. Im Folgenden werden wesentliche Merkmale einer gesunden und ökonomischen Lauftechnik vorgestellt.

Merkmale einer guten Lauftechnik

Dieser Überblick soll Läufern ein Verständnis dafür geben, wie sich die unterschiedlichen Körperteile zu einer Laufbewegung zusammensetzen.

Kopf & Arme

Bei jedem Schritt entsteht ein Drehmoment, das durch den Armschwung ausgeglichen wird. Die Arm-, Schulter und Nackenmuskulatur ist möglichst entspannt. Der Armschwung sollte parallel neben dem Körper erfolgen wodurch ein seitliches Verdrehen des Oberkörpers verhindert wird. Der Winkel im Ellbogengelenk ist konstant um 90° (oder leicht darunter) und bildet das Läuferdreieck. Das Läuferdreieck entsteht beim Zurückführen des Armes aus Rücken, Oberarm und Unterarm. Der Armschwung hat als Taktgeber eine wesentliche Bedeutung für die Schrittfrequenz und ermöglich über das Zusammenspiel mit den Beinen einen dynamischen Laufstil. Der Kopf sollte aufrecht und der Blick nach vorne gerichteter sein.

Oberkörper & Hüfte

Ein ökonomischer Laufstil entsteht durch das Zusammenspiel eines stabilen ausbalancierten Rumpfs und den vorwärts gerichteten Impuls aus Beinen und Armen. Der Rumpf sollte aufrecht und beginnend beim Fußgelenk leicht nach vorne geneigt sein. Die Wirbelsäule ist dabei gerade, ohne in ein Hohlkreuz zufallen. Zu vermeiden ist ein Rundrücken und ein Knick in der Hüfte. Das Becken sollte insbesondere beim Auftritt stabil sein, wobei ein leichtes Abkippen zum Schwungbein hin normal ist. Ein allzu starkes seitliches Abkippen beim Auftritt sollte allerdings vermieden werden. Hilfreich sind Übungen, die die Rumpfstabilität trainieren, z.B. seitliches Plank.

Bein & Fuß

Wichtiger als die Frage mit welchen Teil des Fußes ich auftrete, ist wo sich der Fußaufsatzpunkt in Relation zum Körperschwerpunkt befindet. Der Fußaufsatzpunkt sollte unterhalb bis leicht vor dem Körperschwerpunkt erfolgen. Dadurch setzt der Fuß flach auf und kann am besten den Aufprall abfedern und die Energie in den nächsten Abdruck mitnehmen. Der Fußaufsatz erfolgt geradlinig auf schmaler Spurbreite, allerdings nicht über die Körpermitte hinaus (kein Overcrossing).

Der Rückschwung des Unterschenkels nach dem Abdruck während der Flugphase sollte parallel zum Boden erfolgen. Gleichzeitig zieht ein zügiger Kniehub das Schwungbein kompakt nach vorne zum nächsten Fußaufsatz. Ein zügiges nach vorne Führen des Unterschenkels und ein guter Kniehub kann mit den Übungen Anfersen und Knieheben aus dem Lauf ABC trainiert werden.

Schrittlänge & Schrittfrequenz

Schrittlänge und Schrittfrequenz sind die wesentlichen Faktoren der Laufgeschwindigkeit. Gute Läufer haben meist eine Schrittfrequenz von ca. 180 Schritte pro Minute. Je nach Läufer und Laufstil variiert die Schrittfrequenz, wobei unter Fersenläufern generell eine niedrigere Schrittfrequenz zu beobachten ist. Durch das Auftreten mit der Ferse wird die vorwärts gerichtete Energie bei jedem Schritt teilweise gestoppt, statt sie in die Fortbewegung umzusetzen. Dadurch verlängert sich die Bodenkontaktzeit des Fußes. Bei einem Auftreten mit der Ferse und gestrecktem Knie vor dem Körperschwerpunkt ist der Bewegungsapparat außerdem vermehrt überlastungs- und verletzungsanfällig. Oftmals führt bei diesen Läufern eine Verkürzung des Schritts bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Frequenz zu einem ökonomischeren und gesünderem Laufstil. Der Fußaufsatzpunkt wandert dadurch unter den Körperschwerpunkt und die Bodenkontaktzeit verkürzt sich. Generell gilt es zuerst an der Schrittfrequenz zu arbeiten und dann an der Schrittlänge. Die Schrittlänge sollte jedoch nicht vor dem Körper verlängert werden, sondern durch eine genügende Hüftstreckung hinter dem Körper.

Kurze Checkliste für den eigenen Laufstil

Der eigene Laufstil ist die individuelle Ausprägung der Lauftechnik. Anhand der Checkliste können die oben beschriebenen Merkmale im eigenen Laufstil überprüft und angewendet werden.

  • Wie fühle ich mich? 

Der eigene Laufstil sollte sich locker und natürlich anfühlen

  • Wie ist meine Körperhaltung?

aufrechte, stabile, leichte Vorlage

  • Wo ist mein Fußaufsatz?

unterhalb bis leicht vor dem Körperschwerpunkt

  • Welche Schrittfrequenz laufe ich?

ca. 180 Schritte pro Minute (individuell verschieden)

Analyse und Verbesserung der Lauftechnik

Mögliche Fehler und Fehlbelastungen im Laufstil lassen sich am besten durch einen Trainer mittels einer Laufanalyse erkennen. Dafür werden Video-Aufnahmen aus unterschiedlichen Richtungen erstellt und der Schrittzyklus in bestimmten Phasen der Laufbewegung analysiert. Sofern keine Überlastungen oder Verletzungen aus der Lauftechnik zu erwarten sind, beseht kein Grund die Lauftechnik umzustellen. Der Bewegungsablauf kann jedoch auch zur Leistungssteigerung nach laufökonomischen Kriterien verbessert werden. Sollten Bewegungskorrekturen angebracht sein, erhält der Läufer individuelle Trainingsempfehlungen und Übungen zur Verbesserung der Lauftechnik.

Hinweis: Muskulatur, Sehnen und Bänder haben sich an den individuellen Laufstil und die daraus resultierende Belastung gewöhnt. Eine systematische Verbesserung der Lauftechnik kann daher nur individuell und schrittweise erfolgen. Selbst kleine Veränderungen an der Lauftechnik bedeutet eine neuartige Belastung für den Bewegungsapparat. Veränderungen sollten zunächst über kleiner Zeiträume und Distanzen geübt werden. Dadurch hat der Körper die Möglichkeit sich an die neuartige Belastung zu gewöhnen. Gute Läufer zeichnet eine variable Verfügbarkeit der Lauftechnik aus. Das bedeutet, dass sie die Lauftechnik an Geschwindigkeit, Geländeprofil und Ermüdungsgrad anpassen können. Dadurch ist auch bei Variation der Geschwindigkeit oder in ermüdetem Zustand die Bewegungsstabilität der Lauftechnik gegeben.

 

Verwendete Quellen
Neumann, G., & Hottenrott, K. (2016). Das große Buch vom Laufen. Meyer & Meyer Verlag.
Handbuch der Nordicfit Academy, Basis Instructor Lauf (2015)